Höhentraining für Ausdauersportarten?

Ein Interview mit Michael Irrgang über die Wirkungsweise von Höhentraining für Ausdauersportarten

In Reichenbach (Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf) will es Benedikt Strätling, aus dem Team Meldeläufer, wissen. Er hat sich noch nie so lange und so intensiv auf einen Wettkampf vorbereitet. Tausende von Laufkilometern hat er dafür in Kauf genommen – schnelle und langsame, flach und hügelig, auf der Bahn und im Gelände. Die letzten Wochen hatte er die Chance, ein professionelles Höhentraining zu absolvieren. Was das ist und wozu es gut ist, erklärt Stephan Erdmann, Geschäftsführer der Firma bewegungsfelder in Essen. Stephan Erdmann betreute Benedikt persönlich, um alle Belastungsparameter optimal auf seine Anforderungen einzustellen.

Benedikt-Strätling-beim-Höhentraining

Hier sieht man die beiden vor einem Höhenraum, in dem man im Hintergrund ein paar Trainingsmöglichkeiten erkennt.

Was sagt Benedikt selbst dazu?

Am letzten Wochenende habe ich einschließlich heute 4 Tage Belastungstraining absolviert.

Freitag 30km Höhentraining in 2700m Höhe, Samstag 78km auf einem 1,2km Rundkurs. Hier haben wir die Betreuung für Reichenbach geübt; laufen im Reichenbach Tempo, essen und trinken und der geplanten Renntaktik, alle 4 Runden 150m zu gehen. Dieses hat sich bewährt. Pace für Reichenbach sollte zwischen 5:20-5:25 min/km liegen und zum Ende hin ein wenig langsamer. Sonntag Marathon in Duisburg als Zug- und Bremsläufer für 3:00h, Montag 30km Höhentraining mit Tempowechsel.

Nun folgt meine Taperingphase über die letzten 12 Tage vor dem Wettkampf. Dieses werde ich ausschließlich mit Höhentraining verbringen. Diese Woche aktiv in 2700m Höhe  und in der letzten Vorbereitungswoche passiv in 4000m Höhe. Schon jetzt habe ich im 5:30 min Pace eine  deutlich niedrige Herzschlagfrequenz.

Ich freue mich sehr auf die DM und bin dafür sehr gut vorbereitet. Aber Höhentraining in Kenia oder in den Alpen? Nein – soweit muss man nicht fahren. Höhentraining gibt es in Essen – bei bewegungsfelder. Und Höhentraining Llhnt sich – immer! Wer hoch hinaus will, insbesondere für Trailrunning und den Ausdauersport Ultramarathon.

Ganz herzlich bedanke ich mich meinen Unterstützern Michael Frenz, Michael Irrgang vom Meldeläufer Team und Stephan von bewegungsfelder.”

Benedikt-Strätling-auf-2700m Ausdauersportarten
Benedikt Strätling auf 2700m
Bendedikt Strätling auf 4000m passiv
passives Höhentraining auf 4000m zur Regeneration

 Interview mit Stephan Erdmann von bewegungsfelder

In einem total interessanten Gespräch erklärte mir Stephan was Höhentraining überhaupt ist, wozu es gut ist, wie es abläuft und inwiefern es Benedikt nützt.

1. Beschreibe bitte einmal den Raum, in dem das Höhentraining durchgeführt wird ? Es gibt zwei komplett verglaste und luftdichte Trainingsräume, die über einen Generator im Nachbarraum je nach Höhenwunsch mit sauerstoffreduzierter Frischluft versorgt werden. Es stehen unterschiedliche Trainingsgeräte bereit, die Laufen, Klettern und Radfahren im künstlich erzeugten Höhenklima ermöglichen.

2. Wie läuft so ein Höhentraining üblicherweise ab? Gibt es eine schrittweise Akklimatisierung oder durchgeht man eine “Schleuse”? Muss man sich irgendwie “einstellen/aufwärmen”?Jeder Kunde füllt anfangs einen Anamnesebogen aus. Treten hier Auffälligkeiten auf, verweisen wir den Kunden zunächst mit einem Arzt ihrer Wahl mögliche Einschränkungen zu klären. Bestehen diese nicht, kann das Training zu beginnen: Je nach persönlichem Ziel machen wir unterschiedliche Diagnostiken: Höhenverträglichkeitstest, Ergospirometrie, Grundumsatzmessung. Anhand dieser Daten kann der Kunde optimal begleitet werden. Er betritt schlicht durch das Öffnen der Glastür den Raum und sucht sich ein Gerät aus. Lockere Sport Kleidung ist empfohlen, aber auch bei Alpinisten kann die Ausrüstung mitgebracht und ausprobiert werden. Dies bezieht sich vornehmlich auf Schuhe und Rucksäcke mit Gewicht.

3. Kann man in der Höhe alle Arten des Trainings absolvieren, also von intensiven Intervallen bis zu den langen, langsamen Läufen? Je nach Trainingsziel und Trainingszustand wird jeder Kunde individuell betreut. Gibt es eine bevorzugte, besonders effektive Trainingsform? Das Training im Grundlagenausdauerbereich ist unter Höhenkonditionen besonders effektiv, da man sich körperlich nicht so verausgaben muss, um die physiologischen Verbessrungen zu erzielen. Aber hoch intensive Einheiten, wie Intervalle, kann man sehr gut auf den Laufbändern absolvieren.

4. Woran merkt der Läufer den Unterschied, ob Höhe oder nicht? Ist das exakt vergleichbar wie mit der Höhe in den Bergen? Der Läufer merkt schnell, dass die Pulswerte bei gleicher Laufgeschwindigkeit höher liegen und er muskulär nicht so stark gefordert wird.

5. Wie oft oder wie viel Höhentraining muss man machen, um einen Effekt zu erzielen? Was sind die Auswirkungen? Kann man den Erfolg messen? Wie lange hält er an? Schon eine Anwendung ist deutlich spürbar, aber nach einem Monat kontinuierlichen Trainings sind die Verbesserungen bereits messbar. Diesen Erfolg kann man einerseits durch eine wiederholte Diagnostik machen, man sieht es aber auch beim Protokollieren jeder Einheit, bei dem Puls, Sauerstoffsättigung, Watt, Laufgeschwindigkeit, Steigung etc. gemessen wird. Je länger der Kunde in Höhe trainiert, desto leichter fällt es ihm, desto schneller wird er, desto mehr Watt tritt er, desto länger bewegt er sich bei gleichbleibendem Puls. Zudem verliert ein Kunde im Schnitt 4-5 kg innerhalb eines Monats. Die Leistungssteigerung sollte nach unserer Philosophie am besten anhalten, denn wer durch die Höhe wieder in Bewegung gekommen ist, sollte einfach weitermachen. Bei Spitzensportlern und Alpinisten kann man von 4-6 Wochen sprechen, in der der Körper noch vom Höhentraining profitiert.

6. Wer würde von Höhentraining profitieren? Nur die Spitzensportler in den klassichen Ausdauerpsortarten oder auch der Wanderer, der einen Urlaub in den Bergen plant? Oder hilft das auch ganz normalen Menschen im Alltag?Jeder kann die Vorteile nutzen wie oben bereits erwähnt: Breitensportler, Spitzensportler, Alpinisten, Übergewichtige, auch Patienten nach OPs oder verletzte Sportler oder Menschen, die dringend Regeneration brauchen. Es wird diskutiert, dass auch depressive Menschen deutliche Erleichterung vom Höhentraining verspüren.

7. Ist Höhentraining für alle Leute möglich oder kann es für ältere Leute, oder welche mit Bluthochdruck oder sonst welche Beschwerden auch gefährlich sein? Prinzipiell ist Höhentraining das beste Mittel gegen alle Zivilisationserkrankungen: es senkt den Bluthochdruck, reduziert das Körpergewicht, entlastet Gelenke und Bänder, entspannt, steigert die Leistungsfähigkeit, Regeneration und die Zellerneuerung. Haben wir Zweifel am Gesundheitszustand eines Kunden, entscheidet ein Mediziner.

8. Was für Trainingseinheiten hat Benedikt in der Höhe absolviert? ­­­Benedikt ist auf dem Laufband bei 2700m Höhe, 1,5% Steigung. (15% Sauerstoffanteil in der Atemluft) zwischen 60 und 180 Min. aktiv gelaufen (ca. 36Km). Zum Ende hin nur kurze 30-45 Min. Einheiten im GA1-Bereich in Kombination mit passivem Höhentraining auf 4000m zur Regeneration.

9. Was ist der Nutzen für Benedikt? Wird es ihm im geplanten Wettkampf über 24h helfen?Im Spitzensport ist die Ökonomisierung der menschlichen Physis von besonderer Bedeutung. Dadurch sollen Höchstleistungen über einen langen Zeitraum erbracht werden.Ein wichtiger Schlüssel zu dieser Ökonomisierung lautet Hypoxie, dies bezeichnet einen Sauerstoffmangelzustand im Gewebe. Da Sauerstoff das wichtigste Gas im menschlichen Körper ist, besitzt jede Körperzelle Sauerstoffsensoren die bei Sauerstoffabfall sofort aktiv werden.Im Zellinneren wird dadurch eine Biochemische Kaskade in Gang gebracht, die letztendlich über 300 Hypoxie sensitive Gene aktiviert.In Folge wird zum Beispiel mehr EPO, das Hormon zur Reifung roter Blutkörperchen, produziert. Ebenso wird ein Gefäßwachstumsfaktor in höherer Konzentration ausgeschüttet, der die Neoangiogenese, die Gefäßneubildung, zur Folge hat. In der Muskulatur teilen sich nach kurzer Höhlenexposition die Mitochondrien, die nach der Teilung sofort wieder voll funktionsfähig sind. Mehr Energie wird benötigt und dadurch auch geliefert. Dies betrifft auch alle Stoffwechselvorgänge, die schneller Enzyme, Proteine, Hormone in höheren Konzentrationen produzieren müssen und dem deutlich verbesserten Zell auf- und Abbau dienen. Der Fettstoffwechsel wird präferiert benutzt, da durch ihn lange hoch effiziente Energieträger verbrannt werden können. Ein aktiver Fettstoffwechsel ist die absolute Grundlage jeglichen Spitzensports sowie ein Garant zur Gewichtsreduktion.Eine schnellere Zellerneuerung hat eine bessere Regeneration zu folgen, gute Regeneration hilft präventiv gegen Verletzungen.Die gesteigerte Durchblutung sorgt in der Muskulatur für eine erhöhte Sauerstoff- und Nährstoffversorgung. Dies führt zu mehr Leistung aber auch zu einer deutlich besseren Wundheilung.Bewegungsinduzierte oder intermittierende künstliche Hypoxie in der Lunge führt an den Lungenbläschen zu einer Oberflächenvergrößerung, was deutlich die Atemleistung verbessert: die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität sowie die Sauerstoffbindungsfähigkeit zeigen Spitzenwerte. Alle genannten Parameter die zur Leistungssteigerung beitragen, können auch durch intensives Ausdauertraining erreicht werden.Niemals jedoch in diesem Ausmaß und in der kurzen Zeit, wie es die das Intermittierende Höhentraining schafft. Als Beweis dient die deutliche Pulserhöhung in Höhe, die bei Spitzensportlern so nicht mehr zu erzielen ist.Den gesamten Organismus unter hypoxische Bedingungen zu setzen, bedeutet physiologisch so einen enormen Reiz, wie wir ihn auch nicht in längeren Bergaufenthalten erreichen können, denn dort akklimatisiert sich der Körper schließlich und muss sich nicht wiederkehrend neuen physiologischen Reizen stellen.Zudem wird der Knochen und Bänderapparat durch IHT deutlich weniger gefordert, was die Verletzungsgefahr heruntersetzt.

Für den Ultrasportler Benedikt bedeutet dies zusammen gefasst:

IHT ist DAS gesundheitlich beste Mittel um über 24 std Bestleistungen abzurufen und zum extra Quäntchen Erfolg, ohne Verletzungen zu provozieren.

Vielen Dank für die vielen, spannenden Informationen!”

Michael Irrgang, 24.6.2015